Abenteuer Japan: Mein Aufstieg zum Fuji

16. November 2015 um 09:50 Uhr

Fuji BergAutor Klaus PetersVon Tokio aus brauche ich mit dem Bus 2,5 Stunden, um an den Fuß des heiligen Berges zu kommen. 150 Minuten, in denen ich meine Nasenspitze an die Seitenscheibe klebe und die einzigartige, absolut symmetrische Silhouette der 3776 Meter hohen Erhebung inhaliere!

Wo bitte geht’s zum japanischen Summit?

Noch bevor ich mich dafür entschieden habe, welchen Weg ich für den Gipfelsturm wähle, lerne ich etwas über die Kultur des Landes der aufgehenden Sonne. Die Japaner fühlen sich von uns „Westlern“ häufig unverstanden. Der Fuji heißt nicht „Fujiyama“ sondern „Fujisan„. Ein schlichter Übersetzungsfehler hat dieses Missverständnis heraufbeschworen und so sagen die Bewohner Nippons im Falle einer falschen Verständigung gerne des Ausdruck „Fuji-yama Geisha“.

Das geflügelte Wort schallt mir vom freundlich lächelnden Touristenguide entgegen, der eine Horde nordamerikanischer Rucksackträger über die sogenannte Kawaguchiko-Route gen Gipfel führt. Das kommt ja einer Völkerwanderung gleich! Nein, da steige ich auf keinen Fall auf! Ich blättere in einer Info-Broschüre des regionalen Wanderverbandes und stoße auf die Empfehlung, dass Individualreisende die Gotembaguchi-Variante wählen sollten. Weil sie die anstrengendste Fuji-Gipfeltour repräsentiert, entscheiden sich nur die Wenigsten dafür – mir kommt das gerade recht!

Video: Japan rund um den Fuji – Kaiser, Helden und Naturgewalten

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wunderschönes Japan: Den Fujisan vor Augen

Stadt TokioEntgegen aller Vernunft wandere ich erst am späten Vormittag los. Der Bergsteigerparkplatz von Gotembaguchi liegt auf 1440 Meter Höhe und ist halb leer. Herrlich! Schon nach wenigen Schritten befinde ich mich in einem gigantischen Aschefeld. Beim letzten Ausbruch des Fujisan Anfang des 18. Jahrhunderts lagerten sich hier tausende Tonnen feinster Lavakörnchen ab – das Knirschen unter meinen Schuhen erzählt davon. Der wunderhübsche und von Schneeresten bedeckte Berg ist permanent sichtbar.

Ich laufe zielstrebig auf ihn zu und bin deshalb nicht wenig abgelenkt. Dauernd verheddere ich mich, stolpere über Steine, fliege aber gottlob nicht auf die Nase. Offiziell darf Japans sprichwörtliches Highlight nur im Juli und August erklommen werden. Deswegen habe ich die erste Stunde noch mit schweißtreibend warmen Temperaturen zu kämpfen. Mit jedem Höhenmeter senkt sich aber das Thermometer spürbar ab und als ich nach knapp vier Stunden Wanderung auf einer Berghütte ankomme, bin ich froh über meine Handschuhe und die Wollmütze.

Zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang

Der Sonnenaufgang am Fujisan soll ein unvergessliches Erlebnis sein. Aus diesem Grund spare ich mir den Gipfelsturm bis zum nächsten Tag auf. Als sich der grelle Fixstern abends gen Horizont hinabneigt, stehe ich dennoch gemeinsam mit der gesamten Berghüttenbelegschaft vor der Türe und sehe ihm beim Untergang zu. Der Schnee scheint zu brennen und Honshu, die japanische Hauptinsel, hat sich ihr goldenes, samtenes Kleid übergezogen, das nur Sekunden später von einem nachtblauen Mantel verhüllt scheint. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie der Sonnenaufgang des nächsten Tages diese Impressionen toppen sollte! Aber er schafft es.

Reiseratgeber
Im Schein der Stirnlampe wandere ich dem Gipfel entgegen und geselle mich dort angekommen zu den anderen Wartenden. Im Halbkreis aufgestellt, blicken wir gespannt gen Osten. Der erste Sonnenstrahl kitzelt das Firmament und überwindet die Erdkrümmung. Innerhalb weniger Sekunden stehen wir in einem sattorangen Lichtkegel, während das nahe Tokio noch im Dunkel der Nacht liegt! Fantastisch!

Für mich: der schönste Berg der Welt

Wer sich konditionellen und alpinistischen Herausforderungen stellen möchte, ist am Fujisan sicherlich falsch. Der weiße Bergriese verzaubert hingegen mit seiner anmutigen Schönheit und der spirituellen Tiefe, die beinahe mit den Händen greifbar und auch für Nicht-Japaner sofort spürbar ist!

Titelbild: © istock.com – 2nix
Textbild: © istock.com – Torsakarin

The following two tabs change content below.